Erlebnisbericht Impulswoche
Zu Gast bei der Stiftung Contenti – der Name ist Programm
Publiziert am 24. Juni 2016 von Helene Sidler, nolax AG
Mein Seitensprung im Rahmen der Impulswochen führte mich zu einer Wohngruppe der Stiftung Contenti in Luzern. Sechs Stunden lang Eintauchen in den privaten Wohnalltag von körperlich behinderten, erwachsenen Menschen.
15.30 Uhr, Luzern, Gibraltarstrasse 14. An dieser Adresse im Bruchquartier ist das Haus „Arbeit“ von Contenti. Gleich daneben das Haus „Wohnen“. Eine herzliche Begrüssung mit Handschlag durch die Empfangsfrau Daniela überrascht mich. Sie kann nach einer Hirnverletzung nur noch einen Arm benutzen. Sogleich ruft sie meine Kontaktperson Hansruedi Blum an. Während ich warte, schaue ich mich im grosszügigen, modernen, schlicht gehaltenen Foyer um. Es geht nahtlos in eine offene Arbeitslandschaft über. Mehrere Pultreihen. Menschen im Rollstuhl an der Arbeit. Hansruedi erscheint – ein strahlendes Gesicht ein Handschlag. Ich spüre Herzlichkeit und Freude. Zusammen mit Bruno Ruegge, Contenti Chef, machen wir einen Rundgang durch das Arbeitsgebäude, wo 40 Menschen mit körperlicher Behinderung arbeiten. Überall werde ich mit einem Lachen begrüsst und alle geben mir die Hand, einen Armstumpf, einen Ellbogen zur Begrüssung. Mir wird bewusst, dass in meinem Leben alles „rosa und Schokolade“ ist. Denn mein Körper ist ganz, funktioniert einwandfrei und ich kann ohne Hilfe aufstehen, essen, duschen und zur Toilette.
Um 16 Uhr werden Hansruedi und ich bereits im Wohnhaus bei der Wohngruppe Alfa erwartet. Das Wohnhaus ist schon etwas in die Jahre gekommen. Vier Stockwerke sind von Contenti Wohngruppen bewohnt. Der Rest ist anderweitig vermietet. Ein rollstuhlgerechter Lift, automatische Türöffner im Treppenhaus. Die meisten Bewohner bewegen sich hier selbständig. In der Wohnküche sitzt Toni am Tisch. Jeanine und Olivier gesellen sich dazu. Sie haben mich erwartet und heissen mich herzlich willkommen. Während wir verschiedene Salate für das Nachtessen vorbereiten, lernen wir uns kennen. Die Distanz schmilzt im Gleichschritt der Minutenzeiger an der Wanduhr. Bald fühle ich mich ganz zuhause im Alfa Team. Hansruedi ist einer der Betreuer der Wohngruppe. Er und seine Kolleginnen und Kollegen bilden das Personal und sind für die Bewohnerinnen und Bewohner da. Sie unterstützen, helfen, leiten an. „Sie sind wichtig wie Familienmitglieder“, erklärt mir Olivier.
Während wir Gurken und Tomaten schneiden, Erdbeeren putzen, erzählen und lachen, vergeht die Zeit. Toni, Jeanine und Olivier sind nicht im Rollstuhl, also eher die Ausnahmen bei Contenti. Ihre körperlichen Einschränkungen sind aber so, dass sie Unterstützung und Begleitung brauchen. Unkompliziert nimmt der Abend seinen Lauf. Das Nachtessen mit allen Bewohnern im Wohnhaus offenbart mir weitere Schicksale. Trotzdem: Ein ganz normaler geselliger Abend im Contenti Wohnhaus. Nicht ganz, denn eine Betreuerin hat den letzten Arbeitseinsatz und wird verabschiedet – sie verteilt kleine, persönliche Geschenke an die Bewohnerinnen und Bewohner. Nach 21 Uhr verziehen sich Olivier, Jeanine und Toni in ihre Zimmer. Und ich mache mich auf den Heimweg mit bleibenden Eindrücken und um eine Erfahrung reicher. Nicht Mitleid, sondern Respekt. Offenheit und keine Berührungsängste. Das ist, was Olivier und seine Freunde und Mitbewohner sich wünschen im Umgang mit allen Menschen.
Ich danke dem Team von Contenti – Bewohnern und Personal – für den wunderbaren Abend. Ganz besonders danke ich Hansruedi, Toni, Jeanine und Olivier für die Gastfreundschaft und Offenheit, die ich bei Ihnen erlebt habe. Ich bewundere eure positive Lebenseinstellung, euren Mut, eure Geduld und die Herzlichkeit, die ihr ausstrahlt.
Stiftung Contenti: der Name ist Programm. Ich komme gerne wieder.